Über das Leben meines Vaters Hans-Werner Steinhausen (1906-2086) habe ich in der Familiengeschichte unter dem Titel Erinnerung berichtet. Dabei wurde auch seine berufliche Vita skizziert. Er war der langjährige Technische Direktor der Deutschen Grammophon Gesellschaft (DGG) mit einer zunehmenden internationalen Ausrichtung und nach der Fusion der DGG mit der holländischen Philips Phonographische Industrie stellvertretender Vorstandsvorsitzender der aus der Fusion entstandenen Phonogram als einem der weltweit führenden phonographischen Unternehmen. In dieser Funktion war er für den gesamten Bereich der Technik von der Aufnahme bis zur Produktion der Schallplatte zuständig.
Als Qualifikationsmerkmal für seine verantwortliche Tätigkeit verfügte Hans-Werner Steinhausen als promovierter Elektro-Ingenieur nicht nur über einen herausragenden technischen Sachverstand, sondern war zusätzlich auch durch sein profundes musikalisches Verständnis der europäisch-abendländischen Musik in besonderer Weise qualifiziert. Seine Liebe zur Musik und sein umfangreiches Wissen über Musik war früh in seiner Kindheit und Jugend durch die nachhaltige Erziehung durch seine Mutter, Alwine Feist-Steinhausen, entwickelt worden, deren Rolle als Pianistin und Komponistin ein weiteres Kapitel der hier dargestellten familiären Biographien gewidmet ist. Am Ende seiner Schulzeit stand er vor der Frage, ob er sich zum Pianisten ausbilden lassen oder den Beruf eines Ingenieurs ergreifen sollte.
Hans-Werner Steinhausen kam 1950 gegen Ende der Ära der Schellackplatte zur DGG und trug wesentlich zur Einführung weiterer Entwicklungen, speziell der Langspielplatte und später der stereophonen Aufnahme- und Wiedergabetechnik bei. Der international hoch geachtete Qualitätsstandard der Schallplatten der DGG wurde ihm national und international in hohem Maß persönlich zugerechnet. Seine duale Begabung für Musik und Technik machte ihn unter den großen Künstlern der DGG zu einem besonders geschätzten Gesprächs- und Kooperationspartner. Er hat die Entwicklung der Schallplattentechnik nicht nur wesentlich mitgestaltet, sondern auch wiederholt in Aufsätzen und Vorträgen analysiert und reflektiert.
Bereits seit sechs Jahren pensioniert hielt er 1977 eine eindrucksvolle Festrede zum Thema „100 Jahre Phonographie“, die in einer Ton- Aufzeichnung hier nachverfolgt werden kann. Hans-Werner Steinhausen erlebte noch die Entwicklung der CD, die in den Laboratorien der Firma Philips ihre Ursprünge hatte, musste aber nicht mehr den darauffolgenden Rückgang der Schallplattenproduktion erfahren und hätte sicher ein Gefühl großer Genugtuung empfunden, wenn er die spätere Renaissance der Schallplatte – nunmehr meist als Vinyl bezeichnet – insbesondere unter Sammlern und Audiophilen hätte miterleben können.